Kirche und Corona

Kirche und Corona im Südburgenland…

… Umbrüche und Krisen haben eine verändernde Kraft.


Senior Pfarrer Mag. Carsten Marx

Kaum war das Faktum des Versammlungsverbotes ausgesprochen, war der Kreativität der Kommunikation des Evangeliums keine Grenze mehr gesetzt. In unterschiedlichsten Formen haben Pfarrer*innen, Lektor*innen und Kirchenmusiker*innen u.a. – unterstützt von Profis, die in den sozialen Medien unterwegs sind – Ideen umgesetzt, damit die Kommunikation mit den Gemeindegliedern aufrecht erhalten bleiben konnte. Ich selbst konnte im Südburgenland unterschiedlichste Weisen des Kommunikationsbemühens wahrnehmen:

  • In die Briefkästen eingeworfene Predigten oder gar Predigtsammlungen (zum Teil mit beigelegten CDs), geistliche Worte und Formulare für häusliche Andachten die auch in der Region per Briefpost verschickt worden sind (Region Oberwart)
  • Kindergottesdienste, Kinderbriefe, Bastelvorschläge per Briefpost
  • In offenen Kirchen ausgelegte Texte
  • Traditionelle Gemeindebriefe mit Sonderausgaben
  • Gesprächsangebote von Pfarrer*innen in den Kirchen/Pfarrgärten nach telefonischer Vereinbarung
  • Rundfunkgottesdienste und Rundfunkandachten
  • Telefonandachten
  • Audio-Andachten meist über Internet-Links
  • Podcastandachten
  • Vorab aufgezeichnete Gottesdienste, teilweise aus verschiedenen Bild- und Tonquellen zusammengestellt, manchmal mit Kirchen-Innen- bzw. Außenansichten als Hintergrund
  • Live-Stream-Gottesdienste, die auch danach noch zum Download bereitstehen (Oberwart)
  • Kombinationen unterschiedlicher Spielart: Spirituelle Texte oder Gebete, die man sich von der Webseite der Pfarrgemeinde herunterladen kann; nicht selten stößt man auch auf Liedblätter, die zu den Gottesdiensten heruntergeladen werden können (Bezirk Oberwart)
  • Tägliche Gebetzeiten, Vater Unser-Gebet-Zeiten mit dem Läuten der Vater Unser-Glocke (Großpetersdorf, Neuhaus am Klausenbach)
  • Auto-Gottesdienste (Neuhaus am Klausenbach)
  • Live-TV-Gottesdienste in einer zusätzlichen Sendeschiene auf ORF III (mittwochs um 08:00 Uhr aus der Evang. Kirche A.B. Oberwart); dieses GD-Format wird derweil bis zum 31.08.2020 fortgeführt. Als Prediger*innen haben sich Pfarrer*innen aus dem gesamten Burgenland und teilweise auch aus Niederösterreich und der Steiermark gefunden. Ausgezeichnete Kirchenmusiker*innen bereichern den Dienst am Wort mit ihrer musikalischen Note

Für mich stellen sich grundlegende Fragen: Sind die o.a. Angebote vorübergehende Lösungen, die aus der Not geboren wurden? Wird auf diese Weise nur beschleunigt, was in wesentlich langsamerem Tempo und nach Überwindung unterschiedlichster Bedenken ohnedies alles gekommen wäre? Was wird am absoluten Ende der Corona-Pandemie bleiben? Können wir – um es etwas provokant und pointiert zu formulieren – einige unserer Kirchen- und Gottesdiensträume (z.B. in Tochtergemeinden) schließen, mit Ausnahme der Kirchen und Räume, die sich für die Feiern von online-Gottesdiensten eignen? Letzteres wird sicher nicht der Fall sein.

Ich selber habe bisher Erfahrungen mit drei Varianten von online-Gottesdiensten sammeln können: Zu einen mit einem Andachtsformat, das mit einem durchaus ansehnlichen technischen Standard gemeindlich gefeiert und gestreamt wurde; es waren die ersten Versuche vor rund 10 Jahren in der Markuskirche in Wien-Ottakring. Zum zweiten mit einem Gottesdienstprojekt, das mit verstärktem Einsatz im Bereich der Produktion und Vorbereitungsaufwand für die Evangelische Kirche A.B. im Bezirk Oberwart und unserer Evangelischen Kirche im Burgenland insgesamt verbreitet wurde; zum dritten ein kongruentes Projekt, das aber zugleich im öffentlich-rechtlichen Fernsehen live gesendet worden ist.

Mir ist in jedem Fall erneut klar geworden, dass die online-Angebote keine Konkurrenz zu den ohnedies jetzt wieder gefeierten Gottesdiensten darstellen. Sie erreichen einfach einen erweiterten Personenkreis auf ganz anderen Kanälen und bedienen andere Erwartungen. Meines Erachtens wäre es äußerst wünschenswert, die aufs Ganze gesehen überwältigend positiven Erfahrungen mit den live gestreamten und online abrufbaren Gottesdiensten nicht als ein vorübergehendes Phänomen zu betrachten.

Es ist wunderbar, dass der ORF unsere Gottesdienste aus der Evangelischen Kirche A.B. Oberwart jetzt einmal bis Ende August 2020 auf ORF III übertragen möchte. Viele Zuseher*innen haben uns bei diesem regionalen Vorhaben unterstützt. Besonders dankbar sind wir hier auch der Evangelischen Pfarrgemeinde A.B. Oberwart sowie unserer Evangelischen Superintendentur A.B. im Burgenland für jegliche Unterstützungen. Für mich hat sich gegenwärtige Krise als eine Art Katalysator erwiesen, der eine im Grundsatz schon angedachte Entwicklung in relativ kurzer Zeit zur „Serienreife“ gebracht hat.  Dies gilt ebenso für andere positive Erfahrungen, die in der Pandemie-Zeit gemacht werden konnten (vor allem auch die jetzt vielfachen Videokonferenzen oder Homeoffice-Erfahrungen etc.). Auch unser „Regio-Pfarramt“ im Bezirk Oberwart nimmt langsam Gestalt an; mich stärkt das ungemein.